Führende Köpfe von INEOS TEAM UK, britischer Herausforderer für den America‘s Cup, TEAM INEOS und dem F1-Team von Mercedes arbeiten nun zusammen, um unschlagbar zu werden.
Was INEOS zu einer technischen Partnerschaft veranlasste, war Mercedes‘ Mut und Entschlossenheit, das Menschenmögliche neu zu definieren.
Dem Mercedes-AMG Petronas F1-Team gefiel an INEOS die dynamische Einstellung und das unternehmerische Flair.
„Uns verbinden Ehrgeiz und Wettbewerbsfähigkeit“, meint Toto Wolff, Teamchef und CEO des Mercedes-AMG Petronas F1-Teams. „Diese Vereinbarung hat enormes Potenzial.“
Alle drei Teams haben ein gemeinsames Ziel – schneller zu fahren, segeln und radeln als alle anderen. Und die Arbeit läuft bereits.
Achtzehn Ingenieur/innen aus dem Geschäftsbereich Mercedes-Benz Applied Science arbeiten nun in Vollzeit am Hauptsitz von INEOS TEAM UK in Portsmouth, um INEOS beim Bau eines Rennboots zu unterstützen, das im nächsten Jahr antreten wird, um den America’s Cup erstmals in der 170-jährigen Geschichte des Wettbewerbs zu gewinnen.
Sie bündeln ihre Expertise und zeigen dabei, dass sie vor dem Wettkampf fast genauso schnell arbeiten können wie währenddessen.
„Das Entwicklungstempo ist bei diesen Top-Teams einfach unglaublich“, meint Graham Miller, der die Partnerschaft von Seiten Mercedes leitet. „Was wir zu bieten haben, ist etwa die Fähigkeit Entwicklungen schnell voranzutreiben.“
Mercedes hat in Brackley enorme Fertigungskapazitäten und einige der besten Fertigungsmaschinen der Welt, ganz zu schweigen von der Möglichkeit, 170 Aerodynamiker/innen an einem etwa 5 x 1,5 m großen Auto arbeiten zu lassen.
„Der Vorteil für das Team ist das Entwicklungstempo“, so Graham Miller. „Zum einen wird reagiert, wenn das Team mit Problemen konfrontiert ist. In anderen Fällen handelt es sich um proaktive und geplante Entwicklung.“
Das Mercedes-Team befasst sich mit Aerodynamik, Simulation sowie der Planungspräzision und den Prozessen, die von der Konzeption über das Design bis hin zur Fertigung erforderlich sind.
„Das beste Design der Welt hilft nicht, wenn man zu wenig Zeit für die Fertigung einplant, das bringt niemandem etwas“, meint Miller. „Die einzelnen Punkte müssen aufeinander abgestimmt sein – der Punkt, an dem das Konzept ins detaillierte Design übergeht; der Punkt, an dem die Detailzeichnung für die Fertigung freigegeben wird, und schließlich der Punkt, an dem die Montage übernimmt.“
Das Team für den America‘s Cup präsentierte im vergangenen Jahr sein erstes Rennboot des Typs AC75 – ein Einrumpfboot mit Flügeln.
„Unser Boot sollte eigentlich nicht segeln, denn es handelt sich im Prinzip um ein zehngeschossiges Gebäude, das auf einem Couchtisch segelt“, so INEOS-Vorstandsvorsitzender Sir Jim Ratcliffe. Es war eine technische Herausforderung, meint er. Miller ist überzeugt davon, dass sein Team von Mercedes daraus wertvolle Lehren ziehen kann.
„In der Formel 1 geht es immer um minimales Gewicht und maximale Steifigkeit“, erklärt er. „Doch die hydrodynamischen Belastungen im Boot sind gewaltig. Dass wir am Design für eine Umgebung mit extremen Belastungen mitarbeiten können, könnte sich in Zukunft für uns als nützlich erweisen, denn wir haben es hier mit ganz anderen Materialien zu tun.“
Ein zweites Rennboot wird noch dieses Jahr vorgestellt. Es wird von allen Booten, die je gebaut wurden, jenes mit der meisten Technik sein – schätzungsweise 30.000 Bauteile, die in perfekter Symmetrie arbeiten müssen, damit das 22,86 m lange Boot und die 11-Mann-Besatzung während des Rennens „fliegen“ können.
Es gibt bereits eine Querverbindung zwischen der Luftfahrt und der Formel 1. „Wir bezeichnen unsere Autos manchmal als tief fliegende Fluggeräte“, meint Miller.
Auch die Simulation wird von entscheidender Bedeutung sein, denn sie erlaubt der britischen Segelcrew auszutesten, was funktioniert, und letztlich zu lernen, wie man ein Boot segelt, oder besser, fliegt.
„Eine solche Plattform wurde noch nie gesegelt, daher ist die Simulation ein kritisches Tool in der Entwicklung“, erläutert Miller. „Je mehr der Simulator verwendet und weiterentwickelt wird, desto mehr lässt sich für die Entwicklung der Leistung auf dem Wasser und bei der Geschwindigkeit erreichen.“
Der Aerodynamik gilt seit Jahren das Hauptaugenmerk der F1-Teams, denn sie streben nach Effizienz und Leistung. „Ein Formel-1-Auto aus 2004 wirkt neben einem modernen Auto ziemlich klobig“, so Miller.
Nach all den Jahren finden die Veränderungen mittlerweile in winzigen, mikroskopischen Entwicklungen statt. „Da wir nur begrenzt Ressourcen zur Verfügung hatten, befassten wir uns mit den großen Brocken, versuchten, da etwas zu verbessern“, so Nick Holroyd, Chefdesigner von INEOS TEAM UK.
„Mercedes ermöglichte uns durch seine Ressourcen und seine Einstellung Detailarbeit. Es zeigte sich, dass viele stimmige Details am Ende signifikante Verbesserungen bringen.“ Zwar liegt der Fokus auf dem America‘s Cup-Team, doch Mercedes wird auch mit TEAM INEOS, früher TEAM SKY, arbeiten, das die Tour de France seit Jahren dominiert.
„Wir können es gar nicht erwarten“, so Teamchef Sir Dave Brailsford. „Unser unablässiges Bestreben, die immer besser werdende Konkurrenz zu übertreffen, wird von dieser Partnerschaft enorm profitieren.“
Sir Ben Ainslie, der im kommenden Jahr im America‘s Cup Skipper des 22,86 m langen Einrumpfboots sein wird, hat die Beteiligung von Mercedes bereits als enormen Schub für sein Team bezeichnet.
„Es gibt einfach unheimlich viele Synergien zwischen der Formel 1, dem Radsport und dem America‘s Cup“, meint er. „Eine faszinierende Mischung aus dem Ausloten der Grenzen von technischer Innovation und sportlicher Leistungsfähigkeit.“
Am meisten überraschte es Miller bisher jedoch, wie sehr sich die Regeln von einem America‘s Cup zum nächsten verändern.
„Einmal kann die Crew einen Katamaran segeln, beim nächsten Mal ein 22,86 m langes Einrumpfboot“, meint er. „Es mag auch in der Formel 1 wesentliche Veränderungen bei den Regeln geben, aber wir fahren immer ein Auto mit vier Rädern, einem Bug- und einem Heckspoiler. Bei uns würde das einem Wechsel zwischen Motorrad, Auto oder Lkw entsprechen.”